Ein unvergesslicher Geist, der mit Mut, Weisheit und Herz unzählige Leben berührte. Ihre Stärke und ihr Humor bleiben in unseren Herzen.
Anfangs März fand die Trauerfeier für Renata Meyer-Ohse, geboren am 23. Mai 1938 und verstorben am 9. Februar 2024, statt. Dort nahmen in der vollen Stadtkirche von Liestal auch viele ehemalige Kolleg*innen und Lernende in einem würdevollen Rahmen von ihr Abschied. Die Redebeiträge zeigten, wie reichhaltig ihr Leben und wie vielfältig ihre Wirkungsstätten waren.
An dieser Stelle soll vor allem ihr Wirken am Freien Gymnasium Basel gewürdigt werden. Neben ihrem Lehrtalent und ihrer natürlichen Autorität gilt es insbesondere auch ihre Vorbildfunktion auf Grund ihres kritischen und bis zuletzt rebellischen, selbstbestimmten freien Geist für viele Suchende zu reflektieren. Unser H.-Ueli Gubser durfte Renata als Lehrerin im Freifach Englisch geniessen und später schätzte er sie sehr als Kollegin und Freundin. Ihre ausgestrahlte Stärke galt den Schwachen beziehungsweise denen, die auf der schwächeren Seite standen.
Das galt viele Jahre auch für suchende Junglehrer, welche sie unter ihre schützenden Fittiche vor gnadenlosen Eltern und ungerechten Schulvorstandsmitgliedern nahm. Sie lehrte diesen, dass es eine primäre Aufgabe der Lehrperson ist, klarzustellen, wer im Klassenzimmer «die erste Geige» spielt.
Dass sie in ihrem Klassenzimmer die erste Geige gespielt hat, hat kein Lernender je in Frage gestellt. Dies vermittelte ihren Klassen eine wohltuende Sicherheit und förderte ein konzertantes Klima, in welchem jedes Instrument beziehungsweise jede Stimme gehört wurde. Dies galt insbesondere für ihre legendären Kochkurse, welche bis in alle Nacht dauerten, damit alles erzählt und besprochen werden konnte, was den Lernenden auf der Seele lastete, oder auch für Schulfeste, bei welchen alle ihre Handlinien von ihr gelesen bekommen haben wollten. Auch im Schulalltag gab es keine Pause, in welcher sie nicht von hilfesuchenden Schüler*innen umlagert war, deren schulischen sowie privaten Sorgen und anderen Anliegen sie geduldig zuhörte und wenn nötig, auch bei Kolleg*innen intervenierte. An Notenkonferenzen staunte das ganze Kollegium über ihr enzyklopädisches Wissen über die ihre Schutzbefohlenen, wie sie ihre Schüler*innen erlebte.
Eine der ganz bedeutsamen Interventionen am FG war ein von ihr mitangeführtes Aufbegehren gegen einen pädagogisch fragwürdigen Rektor. In dieser Sache liess sie sich auch vom damaligen über Basel hinaus prominenten Vorstandspräsidenten nicht einschüchtern, als sie in sein Büro seiner Anwaltskanzlei zitiert wurde, so dass dieser sogar auf ihren Kurs zum Wohle der Schule einschwenkte und den Rektor entliess. Alle von ihr in variantenreichen Fassungen vorgetragenen Schilderungen der Szene im Anwaltsbüro mit den auf den Tisch geknallten Akten zeigen einheitlich, wie viele andere ihrer überaus zahlreichen Stories, ihr ikonenhaftes Dasein am FG und das indirekte Steuern der Schule aus dem zweiten Glied.
Dieser unerschütterliche und unbeirrbare Kampfesmut hat vielen ehemaligen Schüler*innen Kraft über die Schulzeit hinaus gegeben. Viele von ihnen haben über Jahre den Kontakt zu ihr gehalten oder ihn bis zuletzt bei ihr wieder gesucht. Renata Meyer-Ohse war im Diesseits lange Zeit eine living legend. Es fällt schwer endgültigen Abschied von ihr zu nehmen. Es bleibt die Erinnerung in Liebe und grossem Respekt an ihr geschichtenreiches Leben. Dem Jenseits ist zu wünschen, dass es von ihrem Humor und ihrer Unverfrorenheit gebührend Kenntnis nimmt.
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